Begründung erfolgt mündlich
Antrag: | Grundsatzprogramm |
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Antragsteller*in: | CampusGrün Münster (dort beschlossen am: 10.05.2024) |
Status: | Angenommen |
Eingereicht: | 10.05.2024, 17:51 |
Antrag: | Grundsatzprogramm |
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Antragsteller*in: | CampusGrün Münster (dort beschlossen am: 10.05.2024) |
Status: | Angenommen |
Eingereicht: | 10.05.2024, 17:51 |
Gesellschaft ein.
Wir betrachten die zunehmenden Eskalationen politischer Konflikte an Hochschulen mit Sorge. Beim Umfang mit diesen Konflikten können allerdings neue repressivere Hochschulgesetze keine Antwort sein. Hochschulen müssen ein Ort demokratisch vielfältiger Debatten bleiben.
Wir kämpfen für eine bessere Gesellschaft
Als Campusgrün-Bundesverband blicken wir zurück auf über 20 Jahre Einsatz und
Aktivismus für grün-alternative Politik an den Hochschulen, Universitäten und
darüber hinaus!
In der Präambel unserer Satzung legen wir uns darauf fest, für die
Verwirklichung einer Gesellschaft einzutreten, "in der soziale Gerechtigkeit
herrscht, die Menschenrechte tatsächlich umgesetzt sind, in der niemand
diskriminiert wird". In unserem Grundsatzprogramm wollen wir nun skizzieren, wie
wir uns eine solidarische, feministische, ökologische, gewaltfreie und
emanzipatorische Hochschullandschaft vorstellen.
Die Stärke unserer lokalen Mitgliedsgruppen ist es, Probleme zu erkennen und
konkrete Ideen für die Verbesserung der Umwelt zu erarbeiten. Grüne
Hochschulgruppen leisten außerdem wichtige Bildungsarbeit, bilden Bündnisse und
prägen den feministischen, antifaschistischen und klimagerechten Diskurs.
Als grüne Studierende im Campusgrün-Bundesverband verstehen wir uns nicht nur
als studentischen Verband, sondern als politisches Subjekt. Zusammen haben wir
den Anspruch, die Gesellschaft von den Hochschulen aus, in Bündnissen oder mit
Kooperationspartner*innen zu gestalten, bestehende Strukturen zu hinterfragen
und Vorschläge für ein Gesellschaftssystem jenseits des Kapitalismus zu
erarbeiten.
Wir leben Demokratie! Von der kleinsten lokalen Ebene bis zum bundeweit
vernetzten Verband leben wir diese nicht nur vor; wir fordern sie jeden Tag aufs
Neue ein. Wir sehen in Hochschulen und Universitäten wichtige Bausteine für eine
freie und solidarische Gesellschaft. Deshalb müssen auch die Hochschulen und
Universitäten Freiheit und Solidarität vorleben.
Als Studierende sehen wir uns nicht als Konsument*innen eines
Ausbildungsprogramm für Kapital und Markt, sondern als Wissenschaftssubjekte,
die aktiv an Wissenschaft teilhaben, die Wissenschaft und den
Wissenschaftsbetrieb kritisieren, proaktiv verbessern und dabei einen
unabdingbar wichtigen Anteil leisten. Gerade als feministischer Verband arbeiten
wir an einer Neuorganisierung der Hochschulstruktur und Hochschuldemokratie.
Partizipative Demokratie
Immer wieder ist die Hochschuldemokratie Spielball gesellschaftlicher Konflikte.
Im Nationalsozialismus wurden die jungen Studierendenschaften zur Speerspitze
des Faschismus und nahmen zahlreich an Bücherverbrennungen teil. ALs Studierende
tragen wir die Verantwortung, dass sich so etwas nei wieder wiederholt.
In den 1968ern wurden Studierendenbewegungen zum zentralen Ort
gesellschaftlicher Debatte und Veränderung. An vielen Hochschulen wurde so
endlich echte Partizipation von Studierenden möglich. Die Gruppenuniversität, in
der wissenschaftliche Mitarbeiter*innen und Studierende zumindest ein Stück weit
einbezogen werden, ist ein Meilenstein im Kampf für eine demokratisierte
Gesellschaft. In vielen Bundesländern wurde dies nie vollständig verwirklicht,
so hat Bayern nach wie vor keine verfassten Studierendenschaften.
Mit steigendem Ökonomisierungsdruck steht die Hochschuldemokratie wieder
verstärkt auf dem Spiel. Hochschulräte gewinnen an Bedeutung gegenüber dem
akademischen Senat, Bologna nimmt den Studierenden die Möglichkeit die
theoretischen Partizipationsmöglichkeiten zu nutzen, ohne ihr Studium zu
gefährden.
Daher fordern wir unter anderem, dass an jeder Hochschule alle Gruppen - von den
Studierenden über den Mittelbau und die Mitarbeitenden in Technik & Verwaltung
bis hin zur Ebene der Hochschullehrer*innen - in den Entscheidungsgremien an
jeder Hochschule paritätisch vertreten sind.
Doch unser Engagement endet nicht bei der Univeristät. Wir setzen uns auch über
die Grenzen der Universität hinaus für einen echten sozialen Wandel in der
Gesellschaft ein.
Wir betrachten die zunehmenden Eskalationen politischer Konflikte an Hochschulen mit Sorge. Beim Umfang mit diesen Konflikten können allerdings neue repressivere Hochschulgesetze keine Antwort sein. Hochschulen müssen ein Ort demokratisch vielfältiger Debatten bleiben.
Ein zentrales Anliegen von uns ist, dass es flächendeckend verfasste
Studierendenschaften gibt, in denen Studierende eigenständig und demokratisch
über ihre Anliegen entscheiden. Dazu braucht es studentische Landes- und
Bundesverbände. Der freie Zusammenschluss von Student*innenschaften (fzs e.V.)
spielt als Kooperationspartner*in und als bundesweiter Verband eine unabdingbare
Rolle. Um unsere Interessen vertreten zu können, stehen wir dafür ein, dass
Studierendenschaften ihr politisches Mandat aktiv ausüben können.
Ökologische Gerechtigkeit
Aufbruch aus der vorherrschenden kapitalistischen Verwertungslogik – hinein in
den nachhaltig klimagerechten und gemeinwohlorientierten Hochschulraum!
Angesichts der notwendigen sozial-ökologischen Transformation baut ökologische
Gerechtigkeit darauf auf, den Menschen als Bestandteil der Natur und nicht als
losgelöst von dieser aufzufassen. Diese wechselseitige Beziehung gilt es
grundlegend ökologisch gerechter und im Einklang mit anderen Lebensformen zu
gestalten. Das muss im Konflikt mit dem Kapital durchgesetzt werden, denn dieses
reduziert die Natur seit jeher zu einer ausbeutbaren Ressource und führt zur
Zerstörung unseres Planeten. Gegen diese Zerstörung müssen wir die Erde und die
Natur endlich schützen. Ökologische Gerechtigkeit schafft Bedingungen für eine
ökologische Entwicklung und Erhaltung aller Spezies, für Mindeststandards einer
gesunden, lebenswerten Mitwelt.
Campusgrün als Zusammenschluss zahlreicher grün-alternativer Hochschullisten
erkennt die Notwendigkeit von Veränderungen in ihrer Dringlichkeit an und sieht
sich als einen Bestandteil von vielen Akteur*innen der Nachhaltigkeits-,
Biodiversitäts- und Klimagerechtigkeitsbewegung. Dabei wollen wir sowohl die
Hochschulen als auch die Studierendenwerke mit priorisiertem Nachdruck für die
Gegenwart und Zukunft sozial- und umweltverträglich aufstellen. Wir stellen uns
der Verantwortung, die Lebensgrundlagen dauerhaft zu erhalten. Die radikal-
ökologischen Positionen in den Studierendenschaften und den grün-alternativen
Hochschulgruppen sollen umgesetzt und von dort aus in den Diskurs getragen
werden. Außerdem kämpfen wir für eine von der breiten Gesellschaft getragene,
ökologische und sozial gerechte Ökonomie die frei von Ausbeutungsverhältnissen,
undemokratischen Machtverhältnissen und Ausgrenzung ist und das Zusammenleben in
einer solidarischen Gemeinschaft ermöglicht.
Der Aufbruch aus dem kurzsichtigen, Gewinn orientierten, Ungleichheit
schaffenden und Ressourcen verbrennenden Zeitalter des Kapitals muss in den
Arbeitsstrukturen, den landes- und bundespolitischen Programmatiken der
Studierendenschaften sowie n den Vorlesungssälen, der Forschung und den
Verwaltungen der Hochschullandschaft stattfinden.
Deshalb positionieren wir uns für nachhaltig ausgestaltete und ökologisch
ausfinanzierte Hochschulen und Studierendenwerke. Diese müssen in der
Infrastruktur, vor allem in den Liegenschaften, dem Fuhr- und
Forschungsinstrumentenpark sozial gerecht und klimaneutral betrieben werden. Der
motorisierte Individualverkehr soll durch einen flächendeckenden, kostenfreien
ÜPNV, Sharing-Konzepte und einen Ausbau der Radinfrastruktur ersetzt werden. Das
Ernährungsangebot sollte regional, saisonal und fair hergestellt sein und
genügend Möglichkeiten für eine vegane oder vegetarische Ernährung bieten.
Die Energie- und Verkehrswende muss partizipativ für alle sein und transparent
dokumentiert werden. Dem Mangel an problembewussten Verhalten soll durch die
Förderung pazifistischer, kapitalismuskritischer und tierversuchsfreier
Forschung und dem Aufzeigen von Alternativen in interdisziplinärer Lehre in
allen Studiengängen entgegengewirkt werden.
Zu unserer Vision gehört die offene Bildung für eine klimagerechte Zukunft. Hier
muss insbesondere ein kritischer Fokus gelegt werden auf Scheinlösungen durch
technischen Fortschritt, das Propagieren einer sogenannten green economy und
Entwicklungsdiskurse, bei denen bestehende Abhängigkeitsverhältnisse verstetigt
und neue Abhängigkeitsverhältnisse etabliert werden. Die gesellschaftliche
Vermittlung wird basisdemokratisch organisiert, dabei werden alle
hochschulpolitischen Institutionen zur Einhaltung und Umsetzung verpflichtet.
Die Wirtschaftsdemokratisierung wird wissenschaftlich vorbereitet und gegen
Konzerninteressen eingefordert. Der motorisierte Individualverkehr wird ersetzt
durch einen flächendeckenden, kostenfreien ÖPNV und einen Ausbau der
Radinfrastruktur, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen.
Solidarität und Bildung ohne ökonomische Zwänge
Inklusiv, sozial und antikapitalistisch:
Campusgrün stellt sich konsequent gegen die Ausbeutung und Ausgrenzung von
Studierenden. Wir widersprechen dem marktorientierten Wettbewerb an Hochschulen,
der in Kombination mit einer chronischen Unterfinanzierung des Bildungssystems,
soziale und ökonomische Ungleichheiten zwischen Menschen und Regionen verstärkt.
Gute Studienbedingungen sollen, abseits der kapitalistischen
Herrschaftshierarchien, den Menschen in seiner jeweiligen Lebenssituation
strukturell unterstützen und stärken - auch für das Leben nach dem Studium.
Hochschulbildung darf keine knappe Ware für ökonomisch und familiär
Privilegierte sein und muss allen barrierefrei, mindestens aber barrierearm
zugänglich sein. Für ein inklusives Zusammenleben müssen die strukturellen
Bedingungen gesichert sein.
Deshalb fordern wir:
Der Hochschulraum muss der Digitalisierung weiterhin die Türen offen halten. So
wie währedn der Corona-Pandemie auch, muss die Möglichkeit bestehen, digital an
Universitätsveranstaltungen - sei es an der Lehre oder an Gremienarbeit -
teilnehmen zu können und entsprechende technische Voraussetzungen geschaffen
werden, sodass bedarfsgerechte Studienkapazitäten für alle und über die
Regelstudienzeit hinaus bereitgestellt werden können, um den individuellen
Leistungsdruck aufzulösen, welcher der solidarischen Kooperation untereinander
oftmals im Weg steht.
Daraus leiten wir weiterhin unsere Ablehnung jeglicher Studiengebühren ab. AUch
die Forderung nach einem elternunabhängigen, an den Wohnort angepassten,
dynamisch und ausreichend finanzierten Vollzuschuss für alle Studierenden, der
nicht zurückgezahlt werden muss und über die Regelstudienzeit hinaus geht leiten
wir daraus ab. Für alle Beschäftigten an den Hochschulen fordern wir gerechte
Arbeitsbedingungen. Für Studierende bedeutet das vor allem ein tariflich
abgesichterter (Stunden-)Lohn, der die Studienfinanzierung ergänzen sollte oder
andere Möglichkeiten der Studienfinanzierung gänzlich ersetzen könnte. Auch
internationale Studierende sollten in Deutschland während des Studiums
berufstätig sein dürfen.
Antifaschismus
Der rasante Anstieg von Antisemitismus, nicht zuletzt seit dem 7. Oktober 2023,
sowie die weiterhin bestehende Verleugnung und Verharmlosung des Holocaust,
ermahnen uns, dass "Nie wieder" nicht bloß eine leere Phrase bleiben darf,
sondern dass auch Taten auf diese Worte folgen müssen. Wir stellen uns deshalb
solidarisch an die Seite aller Menschen, die von Antisemitismus betroffen sind.
Gleichzeitig stellen wir uns an die Seite der palästinensischen
Zivilbevölkerung, die nicht nur unter dem Terror der Hamas, sondern auch unter
den gezielten Angriffen Netanyahus auf den Gazastreifen leiden.
Palästinenser*innen und Menschen muslimischen Glaubens sehen sich mit steigendem
antimuslimischen Rassismus konfrontiert. Wir stellen uns klar gegen jeden
Antisemitismus und jeden Rassismus.
Nicht erst seit der Correctiv Recherche zur AfD, die im Januar 2024 erschienen
ist, sind wir uns der wachsenden Gefahr durch die AfD bewusst. Schon zu ihrer
Gründung vor 11 Jahren machte die AfD deutlich, dass sie Anti-EU eingestellt
ist, und seitdem fällt sie zunehmend durch Menschenfeindlichkeit,
Rechtspopulismus und Rechtsextremismus auf. Und auch, dass die AfD an
Anhängerschaft gewinnt, obwohl sie immer radikaler wird, ist nichts Neues für
uns. Nicht zuletzt die populistische Hetze der AfD gegen die Regierung, ob
während der Corona Pandemie oder gegen sämtliche Vorhaben der Ampel-Regierung,
findet Zuspruch in vielen Teilen der Gesellschaft. Gerade die Corona-Pandemie
hat erneut zu einem Erstarken der AfD geführt, denn die wissenschaftsfeindlichen
Postulationen der AfD, die sich mit den Einstellungen der Querdenken-Bewegung
stark gedeckt haben, haben es möglich gemacht, dass auch die anderen Ansichten
der AfD bis in die Mitte der Gesellschaft vordringen konnten und dort ohne sie
groß zu hinterfragen angenommen wurden. Die Notwendigkeit einer Brandmauer gegen
die AfD besteht nicht erst seit gestern, doch stellen wir immer häufiger fest,
dass andere konservative Parteien, allen voran die CDU, ihre Probleme haben mit
der Abgenzung von der AfD. So ist die geschlossene Einheit von AfD und CDU gegen
geschlechtliche und sexuelle Vielfalt, die sich zuletzt im Genderverbot in
Bayern äußerte, ein Paradebeispiel dafür, dass unsere so hochgehaltene
Brandmauer schwächelt. Unser Ideal einer Hochschule und Gesellschaft ohne
Diskriminierung: In der Hochschule, der hochschulpolitischen Organiation und der
gesamten Gesellschaft darf kein Platz für Faschist*innen, Rassist*innen und
Antisemit*innen sein. Um solchen Kräften den Raum zu nehmen, müssen Hochschule
und Studium nach dem Grundsatz der Gleichheit organisiert werden.
Damit dieser Grundsatz gelebt werden kann, bedarf es aber struktureller
Änderungen. Ganz grundlegend gehört dazu die finanzielle Absicherung
Studierender durch flächendeckendes und elternunabhängiges BAföG und Wohngeld,
die über der Armutsgrenze liegen und tatsächlich finanzielle Sicherheit
schaffen. Außerdem müssen die Hochschulen für eine Lehre einstehen, die sich an
den Grundsätzen der Gleichheit orientiert und frei von jeglicher Form der
Diskriminierung ist. Studentenverbindungen und insbesondere Burschenschaften
dürfen kein Platz an Universitäten haben und so weder in die Matrikel
aufgenommen noch als Hochschulgruppen anerkannt werden.
Das Hinnehmen von Unglichheiten, ohne dagegen vorzugehen, bedeutet für uns, das
Fortbestehen ebendieser zu gewährleisten. Deshalb setzten wir uns auch über die
Hochschule hinaus gegen jede Art der Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung
ein.
Die Rolle von Hochschulen und Forschung:
Wissenschaft muss analysieren, wie rechte Einstellungen immer wieder in
hegemoniale Positionen kommen. Hierfür muss der Grundsatz gelten: Wissenschaft
ist sehr oft politisch, ob sie es will oder nicht. Ihre Wahrnehmung und
Vermittlung können kein Abbild einer bewusstseinsunabhängigen Realität, eines
objektiven Ursprungs abliefern. Gesteht man sich das ein, muss das „objektiv
Normale“ durch historische Sozialisation und Materialität konstruiert und
definiert werden.
Lehre muss in diesem Kontext so organisiert werden, dass die Beschäftigung mit
Diskriminierung und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit Standard in der
Ausbildung ist. Gerade die Tatsache, dass Hochschulen nicht nur in ihrem eigenen
Wirkungskreis tätig sind, sondern als Triebfeder für gesellschaftlich
progressive Entwicklungen die Gesellschaft verändern können, unterstreicht die
Wichtigkeit dieser Forderung. Dazu gehören
auch ein verstärkter Fokus auf Demokratiebildung und das Aufzeigen und
Entkräften rechter und faschistischer Argumentationsstrukturen.
Campusgrün unterstützt also den Grundsatz, dass die Aufgabe von
antifaschistischer Wissenschaft demnach sein muss, „sich mit ihrer Vergangenheit
auseinanderzusetzen und danach zu fragen, wie Gesellschaft und Individuen
verfasst sein müssen, um ein Widererstarken des Faschismus zu verhindern"* Wir
setzen uns dafür ein, dass die Auseinandersetzung mit der Geschichte
gesellschaftlicher und studentischer Bewegungen in umfassender Form gefördert
wird, aus der wir Schlüsse für unsere aktuelle politische Praxis ziehen können.
Dabei sollten die Hochschulen offen vorgehen und sich in der Öffentlichkeit klar
von denjenigen distanzieren, die Forschung und Lehre offen zu diskreditieren
versuchen.
*(Christ/Suderland 2014: Soziologie und Nationalsozialismus: Suhrkamp).
Internationalismus
Wir alle leben auf dem selben Planeten und dabei sollte es keinen Unterschied
machen, auf welchem Erdteil wir geboren sind. In Zeiten wachsender globaler
Herausforderungen wie dem Klimawandel, der Globalisierung, internationaler
Kooperationen und Konflikte, Interdependenzen sowie einer zunehmenden globalen
Öffentlichkeit müssen wir die Scheuklappen der nationalen Grenzen hinter uns
lassen und uns als eine Weltgesellschaft verstehen, die gemeinsam und
solidarisch diese Herausforderungen angeht. So anspruchsvoll die Veränderungen
einer sich globalisierenden Welt für einige auch sein mögen, das Erstarken von
Isolation und Nationalismus löst die Probleme nicht, sondern lässt diese nur
noch größer werden. Stattdessen sollten wir die Vielfalt und Vernetzung als
Chance sehen, eine faire, freie und fortschrittliche Weltgesellschaft zu födern.
Eine global vernetzte akademische Gemeinschaft ist für viele Beteiligte jetzt
schon eine Selbstverständlichkeit und als Studierende profitieren wir von dieser
Offenheit und gestalten sie aktiv mit. Wissenschaft und ein solidarisches
Studium müssen dazu beitragen, Grenzen und Vorurteile abzubauen. So muss sich in
Seminaren mit verschiedenen Demokratiekonzepten auseinandergesetzt werden und
sich mit verschiedenen Konzepten der Konfliktvorbeugung beschäftigt werden. Die
Antwort auf Konkurrenz und Krieg kann nur eine globale sein und somit ist
globale Bildungsarbeit nichts anderes als eine weitere Form der Friedensarbeit:
Mit Waffen führt man Kriege, mit Theorie und Praxis beendet man sie! Als
CampusGrün setzen wir uns deshalb für die Verankerung einer Zivilklausel in
sämtlichen Universitätsleitbildern und Hochschulgesetzen ein.
Dabei ist uns nur zu sehr bewusst, dass eine globale Gesellschaft nicht bedeuten
darf, ein europäisch-nordamerikanisches Gesellschaftsmodell auf die gesamte Welt
auszuweiten.
Allen Menschen soll die Mitgestaltung der Gesellschaft möglich sein. Das heißt,
Menschen des globalen Südens, marginalisierte Gruppen und die ökonomisch
Benachteiligten in alle Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen. Internationale
Zusammenabeit heißt, immer solidarisch zu sein!
Als Campusgrüne wollen wir bei allen unseren Entscheidungen die globale
Bedeutung mitdenken. Wir versuchen unsere theoretischen Überlegungen und den
daraus resultierenden Aktivismus zu internationalisieren. Doch auch vor Ort
versuchen wir, dafür die Hürden für Beteiligung abzubauen, diskutieren
Perspektiven und Ideen gemeinsam und basisdemokratisch und versuchen Räume zu
schaffen, damit sich Studierende eine Stimme geben können, egal welche Sprache
sie sprechen. Wir widersetzen uns jeder Form der Menschenfeindlichkeit und
treten ausschließenden Ideologien mit aller Kraft entgegen. Wir engagieren uns
für Projekte im Bereich internationaler gemeinsamer Praxis, der Friedens- und
Anti-Kriegsarbeit, der (Post-)Kolonialismuskritik und der globalen Solidarität
mit unterdrückten, verfolgten und ausgebeuteten Menschen.
Feminismus und Gender
Gemeinsam kämpfen wir immer und überall gegen das Patriarchat!
Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre, transgeschlechtliche und
agender Personen (FLINTA* Personen) sind diejenigen, die am meisten vom
Patriarchat betroffen sind, mehr noch dann, wenn sie mehrfachmarginalisiert
sind.
FLINTA* Personen sind am stärksten von der Klimakrise betroffen, insbesondere
diejenigen aus dem Globalen Süden. Vor allem weiblich sozialisierte FLINTA*
Personen übernehmen den Großteil der Care-Arbeit. Dies geschieht auch deshalb,
weil die Gesellschaft den Anspruch an Frauen und somit an alle weiblich
sozialisierten Menschen stellt, sich um den Haushalt zu kümmern, unabhängig von
ihrer Arbeitszeit und selbstverständlich auch unentlohnt. Zu Care-Arbeit zählt
außerdem emotionale Kompetenz. In der Arbeitswelt sind FLINTA* Personen nach wie
vor benachteiligt gegenüber endo-cisgeschlechtlichen Männern - auch aufgrund der
Care-Arbeit. Insbesondere queere Menschen erfahren häufig Diskriminierung am
Arbeitsplatz, ob nun offene Homo- oder Transfeindlichkeit oder schlichtweg das
Fehlen geschlechtsneutraler Toiletten, die insbesondere Intergeschlechtliche
oder Nichtbinäre nutzen könnten. Darüber hinaus ist auch die Berufswelt behaftet
von Geschlechterstereotypen. Diese zeigen sich sowohl in den Berufsbildern und
ihrer geschlechtsspeifischen Zuordnung, als auch in der ungleichen Bezahlung und
Wertschätzung von Berufen, aber auch an der unterschiedlichen Behandlung
innerhalb des gleichen Berufsfeldes je nach Geschlecht. Die Gefahr von
Diskriminierung und Gewalt droht auch an der Universität. Dies äußert sich nicht
nur durch explizite Gewalt und Übergriffe, die vor allem aufgrund von
Besitzansprüchen an als weiblich interpretierten Körpern und rape culture
existieren, sondern auch durch unsichtbare Diskriminierung, wie beispielswiese
am Arbeitsplatz.
Der Schutz vor Übergriffen an der Universität ist oft nicht ausreichend gegeben
und die Aufarbeitung von Übergriffen - sei es durch Machtmissbrauch oder durch
mangelnde Sensibilität oder fehlende Stellen - gestaltet sich schwierig.
Insgesamt steigt die Zahl sexistischer und queerfeindlicher Übergriffe massiv an
und auch die Zahl der Femizide wird von Jahr zu Jahr höher. Aus diesem Grund
stehen wir nach wie vor solidarisch hinter der #MeToo-Bewegung und sämtlichen
Opfern sexualisierter, misogyner und queerfeindlicher Gewalt und
Diskriminierung.
Man sieht also: Die Prekarität von FLINTA* Personen steigt massiv an und wirkt
sich ebenfalls auf die Bildungslandschaft und die Universität aus.
Doch es sind nicht nur FLINTA* Personen von der Unterdrückung durch das
Patriarchat betroffen. Endo-cisgeschlechtliche Männer werden durch das
Patriarchat in die Rolle des starken, unemotionalen Mannes gezwungen und sehen
sich tagtäglich mit toxischer Maskulinität konfrontiert. Dies hat insbesondere
Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der endocisgeschlechtlichen Männer,
da ihnen von kleinauf beigebracht wird, dass sie keine Gefühle oder Emotionen
zeigen und bloß nicht als schwach wirken dürfen und sie somit bei
gesundheitlichen Beschwerden häufig keine ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.
Von toxischer Männlichkeit sind aber auch trans* Männer, inter* Männer,
nichtbinäre Menschen, die als männlich interpretiert werden, schwule oder
bisexuelle Männer und Männer, die sich eher "feminin" präsentieren, betroffen,
insbesondere dadurch, dass sie sich mit den entsprechenden Rollenerwartungen,
die an männliche Personen gestellt werden, konfrontiert sehen, und wenn sie
diese nicht erfüllen, Gewalt und Diskriminierung erfahren.
Was wir also sehen, ist dass Diskriminierung stets mit Weiblichkeit und/ oder
der Abweichung von einer Norm zusammenhängt. Dem zugrunde liegt ein
biologistisches, binäres und auf Stereotypen basierendes Verständnis von
Geschlecht, dem wir entschieden widersprechen.
Verantwortungsvolle Wissenschaftspraxis
Zur gesellschaftlichen Verantwortung von Wissenschaft
Wissenschaft soll für gesellschaftliche Emanzipation und das gute Leben für alle
sorgen, kritisch und frei sein und gleichzeitig im Dienst der Gesellschaft
stehen. Dafür muss sie staatlichen wie wirtschaftlichen Einflüssen Widerstand
leisten um das Vertrauen der Gesellschaft zurückzugewinnen.
Die zunehmende Wettbewerbsorientierung der Forschung anstelle von Management-
ähnlichen Strukturen, die zum Abbau demokratischer Selbstverwaltung führen,
sowie eine Verstetigung von Zugangshürden statt einer inklusiven Öffnung des
Bildungssystem, führt in der Gesellschaft zum Gefühl des Käuflichen, und
diskreditiert die Gesamtheit der Wissenschaft.
Wir erkennen an, dass wissenschaftliche Auseinandersetzung immer zugleich
Produkt und Produzent*in gesellschaftlicher Diskurse und Kämpfe ist. Themen aus
dem öffentlichen Diskurs "diffundieren" ständig in die wissenschaftliche Sphäre
und umgekehrt. Aufgrund dieser gesellschaftlich geprägten Heterogenität muss das
Streiten in der Universität der Grundsatz jeder Disziplin werden.
Gegen die Geschichtsvergessenheit und versuchte Neutralisierung muss die
Wissenschaft danach fragen, wie es zum Auftreten gesellschaftlicher
Herausforderungen kommt, welche Auswirkungen sie haben und wie sie bewältigt
werden können. Dabei definieren rechte, diskriminierende Positionen endgültig
die Grenzen der wissenschaftlichen Lehrbefugnis. Sie mögen legal sein Sie mögen
legal sein - aber in Hinblick auf eine solidarische Gesellschaft auf gar keinen
Fall legitim! Aktuelle Herausforderungen wie die Klimakrise, Pandemien, der
russische Angriffskrieg in der Ukraine, der immer weiter eskalierende Konflikt
im Nahen Osten, Exklusionsmechanismen, Veränderungen der Arbeitswelt sowie
soziale Spaltungen benötigen eine demokratische und reflektierte Wissenschaft,
die sich den Normen einer demokratischen pluralen Gesellschaft sowie dem
Gemeinwohl verpflichtet.
Die demokratische Pluralität muss sich in der demokratischen Mitbestimmung auf
Hochschulebene niederschlagen. Die resultierenden politischen Diskurse sind
ebenso notwendig wie die Autonomie von Hochschulen gegenüber übergeordneten
politischen Organen. Es genügt jedoch nicht nur, wenn Wissenschaftsfreiheit
gesetzlich garantiert ist, sie kann nur existieren, wenn Forschende auch die
finanziellen Mittel und die Zeit besitzen, sich mit ihrer Disziplin
auseinanderzusetzen. Dazu braucht es eine ausreichende und verlässliche
Grundfinanzierung der Hochschulen und wissenschaftlichen Institute sowie nicht-
prekäre und allseitig inklusive Beschäftigungsverhältnisse.
Wettbewerb um die Vergabe von Geldern kann und darf eine ausreichende
Grundfinanzierung nicht ersetzen. Zugleich setzen wir uns dafür ein, dass
Wissenschaft und Gesellschaft in einem ständigen Dialog miteinander stehen. Es
müssen gesellschaftliche Diskussionen über die Folgen von Technologien und neuen
wissenschaftlichen Erkenntnissen hinsichtlich ihrer ethischen und ökologischen
Konsequenzen stattfinden. Wissenschaftliche Erkenntnisse müssen in allgemein
verständliche Sprache übersetzt und in die Gesellschaft hineingetragen werden
sowie für jede*n frei zugänglich sein.
Wir stellen uns gegen ein Verständnis von Transfer, das die Third Mission allein
auf den Technologietransfer und die (privat-) wirtschaftliche Ausnutzung der
Erkenntnisse in Form des Gründens von Start Ups vorsieht. Für die regionale
Akzeptanz von Hochschulen ist mehr als das Schaffen von Arbeitsplätzen und
isoliertem Wissenschaftsbetrieb notwendig. Eine Verankerung wird nur erreicht
mit offenen Begegnungsräumen, einem engen Kontakt mit den Menschen vor Ort und
dem beschäftigen mit in der Region vorliegenden Problemlagen.
Als Campusgrüne kämpfen wir für eine friedliche Welt; an der Hochschule und
darüber hinaus, mit friedlichen Mitteln und gewaltfreier Aktion. Wir glauben,
dass vor allem die Wissenschaft in der Pflicht steht, Wege friedlicher
Konfliktlösung und Möglichkeiten des gewaltfreien Zusammenlebens aufzuzeigen.
Aus diesem Grund lehnen wir jegliche militärische Forschung oder kriegerische
Nutzung von Forschung ab und fordern eine strenge Zivilklausel für alle
staatlichen Hochschulen. Wissenschaftsbereiche wie Friedensforschung und
Konfliktprävention sollen stärker gefördert werden.
Hochschulen sollen auch jenseits ihrer Forschung ein gewaltfreier Ort sein;
Übergriffe jeglicher Art müssen restlos aufgeklärt und geahndet werden und das
gesellschaftliche Klima sollte so gestaltet sein, dass sich alle Beteiligten
sicher und wohl fühlen können. In unserer Vorstellung sind Hochschulen Orte der
Verantwortung füreinander, anstelle von Orten der militärischen Verantwortung,
welche die Profitsteigerung der Industrienationen zum Ziel hat. Wissenschaft und
Forschung bedeutet, dem Gemeinwohl verpflichtet zu sein und gesellschaftliche
Verantwortung zu übernehmen; wider den Profitinteressen!
Begründung erfolgt mündlich
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